Schriftbild Workshop mit Tabea Heinicker – Teil 1

Grundkurs Schriftbild mit Tabea - ein neuer Anfang

Es gibt gute Neuigkeiten: Seit Sommer 2023 gibt Tabea Heinicker – Mitinitiatorin des Postkunstwerkblogs und Mitautorin eines meiner Lieblingsbücher : Schöne Post – Online Kurse zum Thema Schriftbild. Ich konnte nicht widerstehen und habe der erstmöglichen Termin für den Grundkurs gebucht.

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Tabeas Schriftkunst gefällt mir unglaublich gut, die Kleckse und der gewollte Unperfektionismus ist mir sehr sympathisch. Einige Vorschläge aus dem Buch „Schöne Post“ hatte ich schon ausprobiert, war aber nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Irgendwie wollte es nicht fließen. Ich hatte im Kunst LK damals sehr viel mit Tusche zeichnen müssen und sogar Sütterlin lernen, dennoch war das Schreibgerät Tusche und Feder nicht wirklich meine Freundin geworden. Klecksen konnte ich allerdings schon 1994 – die schwarze Tusche landete durch den Malerkittel auf meinem Unterhemd und meiner Jeans, die Finger waren immer schwarz. In meiner Ausbildung zeichnete ich dann mit Rapidographen -auch mit schwarzer Tusche. Die Kleckse wurden weniger, aber die farbigen Finger blieben. Normschrift für Bauzeichnungen hat sehr wenig mit Schreiben zu tun. Es geht dort um exakte Beschriftungen und Bemaßungen. Von Kreativität keine Spur – zumindest beim Text und den Zahlen. Dort war es schlicht und einfach ein Arbeitswerkzeug, so wie heute mein Notebook.

Fasziniert ließ ich mich auf Tabeas Aufwärmübungen ein und musste schmunzeln. Kreise, Linien und Buchstaben üben meine Azubis heute auch noch mit Bleistift… hätte ich auch selbst mal wieder machen können. Und tatsächlich, werden die Finger lockerer, der Schwung leichter. ( nach 3 Kursen und etwas Übung sehe ich jetzt schon eine Veränderung…)

So leitet uns Tabea vom Bleistift zur Tusche, von der Tusche zum Pinsel und Wasserfarben. Immer eine kleine Aufgabe mehr dazu. Die Dynamik ist ganz wundervoll ausbalanciert. Fast vergesse ich zwischendrin den Bildschirm und tauche schon in meine eigenen Ideen ein. Irgendwann löst sich der Gedanke, dass alles schön und perfekt aussehen muss. Mit meiner eigenen Handschrift zu arbeiten hat mich zuerst blockiert, habe ich mich nicht getraut… Wer kennt ihn nicht den Satz aus der Grundschule: „Das schreibst du jetzt aber nochmal in Schönschrift!“ Wirklich perfekt war meine Handschrift nie. Aufsätze musste ich trotz guter Noten komplett abschreiben …. schöner wurde die Schrift dadurch nicht. Nur ich hatte immer weniger Lust auf Aufsätze. Pädagogen sollten es eigentlich besser wissen… hoffen wir, dass sich zu 1980 Vieles geändert hat. In meinem Beruf als Bauzeichnerin wurde das akkurate, genaue und DIN – gerechte Schreiben gelehrt. Das lag mir viel besser. Mit Lineal und Schriftschablone war man irgendwie auch geschützt. Musste doch alles insgesamt gleich aussehen. Zusätzlich bestand mein Chef darauf, dass man die Römische Quadrata mit dem Rotring Artpen + Tusche  freihand schreiben konnte. Er mochte die Schablonenschrift auf seinen Plänen nicht.

So kam es, dass meine Handschrift heute irgendeine Mischung aus lateinischer Schreibschrift, Normschrift und Römischer Quadrata ist. Oft schreibe ich einfach alles in Großbuchstaben.

Während Tabeas Kurs bemerkte ich, dass meine S s und ß immer unterschiedlich sind. Und manchmal schreibe ich mitten in einen Wort einen Großbuchstaben …. Insgesamt gefällt mir mein Schreibschrift s nicht so sehr. An diesem Punkt muss ich mich mal tiefer einlassen, und so schaue ich mir verschieden Schreibweisen an und übe.

Material für Schriftbild und Farbe

Über Papier, Tusche und verschiedene Federn haben wir auch eine kleine Einführung bekommen. Erst einmal alles ausprobieren, was man zu Hause hat – war Tabeas Tipp. Das habe ich im Anschluss auch gleich in die Tat umgesetzt und eine Testreihe mit allen möglichen Papiersorten und flüssigen Farben aus meiner Werkstatt gemacht. Dabei konnte ich sehr gut aussortieren, welche Sorten zwar für Bleistift, aber nicht für Tusche, Wasserfarben, Aquarellfarben und Gouache geeignet sind.

Die Probeblätter wurden alle beschriftet, damit ich die Papiersorte, die Farbqualität und die Feder später wieder zuordnen kann. Meine Favoriten sind momentan:

  • Mixed Media Papier und Aquarellpapier so ca. 200gr/m2
  • Für den Hintergrund Aquarellfarbe von Ecoline oder verdünnte Tusche von Rohrer + Klinger
  • Für die Schrift schwarze, indigo und sepia Tusche von Rohrer & Klinger
  • Weiße Acrylfarbe von Amsterdam für den Untergrund
  • Sütterlin Feder von Soennecken M
  • Bremer Börsenfeder M
  • Cito fein Feder von Brause

Alle Probeblätter habe ich mit einer koptischen Bindung und einem alten Klavierschul – Deckel gebunden. Einige Seiten dazwischen sind noch frei, dort kann ich noch üben und ausprobieren. Da es eh eine Weile dauert, bis man immer weiterarbeiten kann, ist es ratsam mehrere Skizzen und Übungsbücher parallel zu haben.

Schriftbild Workshop 2 - in meinem Freiluftatelier

Im Oktober gab es einen Folgekurs Schriftbild 2, der sich noch eingehender mit dem Duktus beim Schreiben, der Wirkung verschiedener Schreibarten und Farbverläufe beschäftigte. Ich hatte mich ganz spontan angemeldet, da ich im Urlaub im tiefsten Mühlviertel weder Telefon noch Internet im Haus habe. und so startete ich den Versuch im Freien mit mobilen Daten und einem Hotspot zum Tablet dabei sein zu können. Es ging erstaunlich gut… mit kleinen Hängern zwischendrin, aber ansonsten doch recht zuverlässig und weniger datenlastig, als ich dachte… mit knapp 2.5 GB kommt man 3 Stunden aus… und 3G funktioniert doch auch mit Zoom – Meetings.

Warm eingemümmelt habe ich es mir auf der Terrasse gemütlich gemacht. Eine kleine Auswahl an Farben und Tusche habe ich so oder so im meinem kreativen Notpaket dabei. Wasserfarben und Acrylfarben sind immer da. Sogar ein kleiner Reiseaquarellkasten. Sonst müsste ich ja immer die halbe Werkstatt mitnehmen….

Wir beginnen den 3-stündigen Kurs wieder mit Aufwärmübungen in Bleistift – hier merke ich schon einen Unterschied zwischen den Marken. 3B ist nicht gleich 3B…. ich musste mir beim Libro einen Bleistift besorgen, meinen hatte ich zu Hause vergessen… dort verwende ich immer Faber Castell 9000 … irgendwie schmiert der österreichische Schulbleistift mehr…. wieder was gelernt. Auch beim Bleistift gibt es Qualitätsunterschiede.

Die Verlaufübungen eskalieren bei mir ein bisschen…. das macht aber auch Spaß…. mit mehr Wasser und weniger Tusche zu experimentieren, auszuprobieren, wie die Schrift auf farbigem Hintergrund wirkt… sich dem Verlauf anpasst. „Schreibt einfach, was euch gerade einfällt“, meint Tabea… naja, Hochliteratur ist es nicht, dennoch kann ich mich erinnern, in jener Nacht extrem schlecht geschlafen zu haben… inklusive lautem Alptraum… in meinem Text spiegeln sich die Gedanken wieder… Hatte Tabea also doch Recht.. irgendwie wird es zum Tagebuch-Skizzen-Schreib-Dings. 

Mit dem Pinsel zu schreiben ist noch einen ticken schwerer als mit der Tuschefeder habe ich festgestellt. Mit meinen neuen Lieblingsschreibfedern komme ich beim zweiten Kurs schon ganz gut zurecht. Der Pinsel ist aber echt noch wackelig und irgendwie auch nicht lesbar. Hier steht meine nächste Testreihe an. Bei der Sommerpost 2023 war ich ja auch schon äußerst unglücklich, weil es nicht so klappen wollte, wie ich mir das dachte. Also werde ich nun alle aquarellartigen Pinsel rausholen und sie alle auf Kreise, Striche und Schrift testen. Übungsblätter habe ich ja schon in meiner Klavierschule. Erst jetzt habe ich einen neuen Fachbegriff  gelernt, der mir zuvor nicht bekannt war:

Asemisches Schreiben: Schreiben ohne sprachlichen Bezug, bzw. nicht lesbar oder mit Absicht nicht lesbar

Meine Sommerpost hatte also ein asemisches Schriftbild – die Texte waren kaum noch lesbar – mit Absicht.

Das schöne an Tabeas Online Kurs ist der kreative Anstupser. Und ob zu Hause, oder im Urlaub… ich kann einfach sitzen bleiben und weiter mit Farben und Texten spielen. Da ist schnell nochmals eine Stunde  vergangen. Der Hund, und auch mein knurrender Magen, erinnern mich daran, dann doch endlich mal Pause zu machen.

Tja, und dann fiel mir das Indigo -Tuschenfass um. Die verschüttete Farbe konnte ich nicht mehr zurück ins Glas bekommen… da blieb mir nichts anderes übrig, als alles zu verbrauchen. So entstehen noch jede Menge blaugemusterter Blätter mit Farbverläufen. Kann Frau immer mal gebrauchen…. und buntes Papier kann ich ja nicht genug haben…. 

Zum Schluss hatte ich dann zu viel Druck auf meiner antiken Schreibfeder.. Oopsi… das wars dann für heute. Sozusagen zwangsläufig Feierabend. Wie es im 3. Workshop „Baumschrift“ weiter ging, werde ich in einem separaten Blogbeitrag zeigen. Denn dieser ist vielleicht schon Teil meiner Adventspost 2023 und kann noch nicht verraten werden. Die Vorbereitungen dazu laufen schon…. 

Enthält dieser Blogbeitrag Werbung? Ja.

Alles selbst bezahlt und nix gesponsert…

Daher kann ich mit gutem Gewissen sagen: Werbung aus Überzeugung.

Tabeas Kurse wird es nun regelmäßig geben.

Ist das nun eigentlich abstrakt genug für den Mittwochsmix? mmh. Irgendwie wird die Schrift ja doch abstrahiert, oder?

Grüßle

Eure Tanja

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2 Gedanken zu „Schriftbild Workshop mit Tabea Heinicker – Teil 1

  • 2023-11-08 um 19:45 Uhr
    Permalink

    Liebe Tanja

    Ich liebe es, mir deinen Arbeitsplatz genauer anzusehen! Da bin ich neugierig, wo ich euch im Zoom-Fensterchen doch immer nur so klein sehe 🙂 Ich bin sehr beeindruckt, wie sehr du die Impulse nutzt. Und ich freue mich auch sehr! Sehr sehr sogar, denn es gibt ja nichts Schöneres, als wenn das eigene Anliegen des Kurses so gut verstanden wird! Deine Herangehensweise mit deiner persönlichen Schrift gefällt mir gut. Und auch dein Umgang damit, dass du nicht unbedingt die beste Beziehung zu deiner Handschrift hast. So sehr, wie du dich hineinbegibst, wird sich das gewiss ändern. Du nimmst ja sehr konkret Verbindung auf, das ist gut! Auch sehr fein, dass du den Baumschreiben Kurs schon nutzen konntest für die Postkunst! Ich habe viele Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass ich bei der Postkunst nicht jedes Mal das Rad neu erfinde, sondern meine eigene Art & Weise einfließen lasse. Ich bin sehr gespannt auf dein Baum Mixed Media 🙂

    Vielen Dank für den so detaillierten und vielseitigen Bericht!

    Liebgruß von Tabea

  • 2023-11-08 um 6:44 Uhr
    Permalink

    Hallo liebe Tanja! Mensch, da fügt sich ja wieder alles. Einfach so und unabgesprochen. Herzlichen Dank für deine Einblicke, bin schon ganz gespannt auf deine Baum-Dingse. Bin immer sehr beeindruckt von deiner systematischen Materialerkundung und gleichzeitig sehr freien Hand. In den November-Runden kann ich leider nicht dabei sein, aber im Dezember wieder … Und bei mir sind in er Zwischenzeit aus unendlichen Wörter-Bahnen Autobahnkreuze geworden … Bis bald!
    Claudia

Kommentare sind geschlossen.

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